altäre - Interdependenzen zwischen Tisch und Altar               English
Theologische Reflexion über ein Kunstprojekt

Benita Joswig, altäre – Kunst und Theologie im urbanen Raum.
Ein Tischprojekt, Praktische Theologie und Kultur (PThK 12) Gütersloh 2003

Abstract

In dieser Untersuchung steht im Zentrum das Kunstprojekt altäre, das ich 1994 am Ort einer im Zweiten Weltkrieg zerstörten Stadt durchgeführt habe.

Im Rahmen Praktischer Theologie und biblisch-theologischer Reflexionen stellt diese Forschungsarbeit eine interdisziplinär angelegte Auseinander- setzung dar.
Durch das Kunstprojekt wurde eine existierende Stadt und eine zerstörte Stadt miteinander temporär verbunden. Sowohl die Stadt Kassel als auch die zerstörte Unterneustadt wurden mit ihrer Geschichte vor und nach ihrer Zerstörung betrachtet.
Krieg, Wiederaufbau, Verdrängung, Verwundung der Stadt und die Fragen nach Erinnerung werden miteinander in Beziehung gesetzt.
Medium war der Tisch im Privathaushalt, der zum Altar umbenannt und an einem öffentlichen Ort zum Kunstwerk wurde.
Innerhalb der jüdisch-christlichen Tradition gibt es Anknüpfungspunkte, die mit dem altäre Projekt in Verbindung gebracht werden können und hilfreiche Rückbezüge darstellen. Diese Rückbezüge ermöglichen eine Annäherung an die biblischen Kontexte, in welchen Tisch und Altar Orte religiöser und alltäglicher Praktiken sind.
Darüber hinaus wird der Tisch als Kulturgegenstand analysiert. In Anlehnung an kirchenhistorische und praktisch-theologische Überlegungen wird die Fragestellung, ob der Tisch ein Altar sein kann, konkretisiert. Die Frage nach dem Heiligen in Bezug auf das Profane sind weitere Aspekte, die die künstlerische Arbeit durchdringen.
Weiterführendes Thema ist hier, dass Dinge nicht auf eine Funktion festzuschreiben sind, sondern mehrdeutig und unterschiedliche Potenzen in sich tragen.
Ein Alltagsgegenstand wie ein Tisch kann durch Sprache transformiert werden, sein Profancharakter kann verändert werden.
Die Chance des Tauschverhältnis, das Potenzial von Gemein- schaftsbildungen, Gerechtigkeit, umfassende Versorgung, Integration bzw. Ausgrenzung und die Macht der Erinnerung sind implizite Schlüsselbegriffe für die Auseinandersetzung mit diesem Kunstprojekt und lassen sich mit dem Heiligen, dem Heilvollen, aber auch dem Unheilvollem verbinden.
Es wird gezeigt, dass Theologie keine übergeordnete Größe ist, die unabhängig von Erfahrungen gedacht werden kann, sondern ihre Chance liegt in ihrer Konkretisierung innerhalb dieser Welt.
Die Königsherrschaft Gottes bedeutet, dass am Tisch heilvolle Lebensverhältnisse verwirklicht werden können.
Tisch und Altar werden zu Handlungsorten, Gestaltungszentren, Bewegungsfeldern und Durchbrüchen im Alltag.
Dies führt zu der Herausforderung für mich als Künstlerin sowohl das Kunstprojekt als auch die theologische Auseinandersetzung in eine literarische Darstellungsform zu bringen.
Das Phänomen der Spiegelung ist als geeignetes Mittel hierfür herangezogen worden.

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