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Altäre
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Installation im öffentlichen Raum
Im Jahr 1994 hat Benita Joswig in Kassel in der damals noch nicht wiederaufgebauten Unterneustadt das
Kunstprojekt altäre durchgeführt und darin ein öffentliches Gespräch über das Verhältnis von Tisch und Altar
inszeniert.
Aus privaten Haushalten wurden 102 Tische auf den sogenannten Messeplatz gestellt, unter welchem sich Trümmer und
Reste
der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Unterneustadt verbergen.
Räume wurden mit Räumen verknüpft. Eine zerstörte
Stadt wurde mit einer noch existierende Stadt durch Tische aus Privathaushalten verbunden.
Das Kunstprojekt begann in den Wohnungen und Häusern von Bürgern und Bürgerinnen mit einer Deinstallation: In den
Privaträumen entstanden in den Zimmern der Wohnungen und Häuser temporäre Leerstellen.
Die geliehenen Tische hatten zwei Dinge gemeinsam: Sie kamen alle aus Privathaushalten, wurden täglich benutzt,
und sie wurden von den Eigentümern als Altar bezeichnet.
Es entstand eine unsichtbare Verbindung zwischen Häusern und Häusern: Dort, auf dem Messeplatz, wo seit dem 13.
Jahrhundert bis 1943 Häuser standen, wurden für einen begrenzten Zeitraum – orientiert am Grundriss der Stadt -
Tische bzw. Altäre aufgestellt.
Vom Antiktisch bis zum Plastiktisch, nicht gedeckt, unter freiem Himmel wurde mit ihnen eine Auseinandersetzung
sowohl mit dem Ort Messeplatz / Unterneustadt als auch die Frage nach dem Zusammenhang von Tisch und Altar
öffentlich eröffnet.
Darüber hinaus entstanden durch dieses Kunstprojekt Begegnungs- zusammenhänge. Menschen aus verschiedenen
Lebenskontexten haben sich getroffen.
Seien es die Menschen, die ihren Tisch zum Altar
umbenannt haben, seien es diejenigen, die den Bombenangriff von 1943 auf die Unterneustadt überlebt haben, aber
auch Bewohner der angrenzenden Stadtviertel, Kunstinteressierte, zufällig Vorüberkommende, Wohnungslose und
diejenigen, die das Kunstprojekt durchgeführt und unterstützt haben.
Inhaltlich standen hinter dem Kunstprojekt Fragen nach
Integration und Ausgrenzung (am Tisch / Altar) sowie Deutungen
zur Macht der Erinnerung, die Interdependenz von Profanität
und Sakralität als auch die Möglichkeit durch künstlerische
Arbeiten den Themen von Verlust und Trauer öffentlich zu begegnen.
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