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Die Rückkehr der Möbel - Reste im Gehweg

Benita Joswig in Zusammenarbeit mit dem Architekten Boris Schwitalsky

Beitrag zur Archäologie der Gegenwart

Evangelische Versöhnungsgemeinde Bernauerstr. 111
auf dem ehemaligen Mauerstreifen, Berlin/Wedding

 
 
Die Rückkehr der Möbel - Reste im Gehweg
  Beitrag zur Archäologie der Gegenwart

Die Bernauer Straße ist für die Geschichte der Berliner Mauer einer der markantesten Orte.
Die Häuser, die auf der Sektorengrenze standen, wurden 1961 zugemauert und nach und nach abgerissen. Die Bewohner sind gegen ihren Willen umgesiedelt worden.
Die Erdgeschossfassaden bildeten bis 1979 die "Mauer". So ergab sich eine besondere Dramatik aus der Umwidmung der Fassaden mit ihren Türen und Fenstern zu einer undurchdringlichen Absperrung. Der ehemalige Wohn- und Lebensraum wurde zum Todesstreifen umfunktioniert. Diese provisorische Mauer wurde 1979 durch die Betonfertigteilmauer ersetzt. Die Fassaden wurden nur oberflächlich abgeräumt.
Die Versöhnungskirche, deren Gemeinde durch die Mauer geteilt wurde, blieb noch 20 Jahre länger im Mauerstreifen stehen, bis auch sie den Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR zum Opfer fiel; die Kirche wurde im Januar 1985 gesprengt.
Bis heute ist der Mauerstreifen an der Bernauer Strasse eine Brachfläche. Die Grenzanlagen sind bis auf die "Gedenkstätte Berliner Mauer" beseitigt.
Am Rande des Bürgersteigs befinden sich auf Bodenniveau noch die Restbestände der ehemaligen Bebauung: Fußabtreter, Kellerlichtschächte, Bodeneinläufe, Radabweiser, Torschwellen, Fundamente.
Zunächst wurde in einer Eröffnungsaktion mit Menschen aus der Gemeinde, Stadtteil und aus ganz Deutschland die für den Bürgersteig ausgewählten Reste freigefegt und freigelegt.
Die Eingänge der ehemaligen Versöhnungskirche mit ihren Radabweisern und Graniteingangsschwellen wurden hierbei besonders freigelegt, um so akzentuiert auf den Standort der gesprengten Versöhnungskirche hinzuweisen.
Die Installation wurde Die Rückkehr der Möbel genannt. Bett, Tisch und Stuhl wurden auf der Brachfläche des Mauerstreifens, orientiert an den Häuserresten, aufgestellt und ein Stück in die Erde eingegraben. Als Zeichen von Wohn- und Lebenskultur verwiesen sie sowohl auf Vergangenes und Zukünftiges: Vor 34 Jahren (Stand 1995) wurden an diesem Ort Wohn- und Lebenskultur zerstört, die Bewohner mussten ihre Möbel durch die Hintereingänge fortschaffen. Jetzt, nach dem Mauerfall, geht es darum, auf dem einstigen Todesstreifen wieder neue Wohn- und Lebensräume entstehen zu lassen.



Aktuelle Situation
Die Gemeinde der Versöhnungskirche in Berlin erhielt 1995 offiziell ihr altes Kirchengrundstück zur sakralen Nutzung wieder zurück.
Auf dem Fundament der alten Versöhnungskirche wurde im November 2000 die Kapelle der Versöhnung eingeweiht.
Es handelt sich hierbei um den ersten öffentlichen Stampflehmbau seit über hundertfünfzig Jahren in Deutschland und ist zugleich der erste deutsche Kirchenbau aus tragendem Stampflehm: "Der kleine ovale Bau steht dort, wo sich früher der Chorraum der alten Kirche befand. Er besteht im Innern aus einer Lehmwand, die den Gottesdienstraum umschließt. Dem Lehm wurden zerkleinerte Ziegel der alten Kirche beigemengt."
(vgl. Versöhnungskirche Kapelle der Versöhnung in Berlin. Mit einem Vorwort von Bischof Dr. Wolfgang Huber und einem Text von Ulrike Braun, hrsg. von Günter und Waldtraut Braun, Berlin 2003)

Die Kapelle der Versöhnung ist Teil des Gedenkstättenensembles an der Bernauerstraße, zu welchem die Gedenkstätte Berliner Mauer, das Dokumentationszentrum zur Mauergeschichte gehört.
Im Archiv des Dokumentationszentrums ist die Arbeit "Die Rückkehr der Möbel" und "Reste im Gehweg" von Benita Joswig/Boris Schwitalsky auch als Fotodokumentation von Dieter Schwerdtle/Kassel aufgenommen worden.

nach oben www.gemeinde-versoehnung.de
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