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Auf Glas gebetet
Zeichen und Malerei im Kreuzgang

Kloster Mariensee


Benita Joswig
3. Juni bis 14. Oktober 2007





 
 
Auf Glas gebetet
  von Benita Joswig für das Kloster Mariensee
Glasscheiben – Fensterscheiben sind Bildträger, die ein bewegliches Format haben. Licht und Schatten durchspielen den Farbauftrag, ergeben einen Wechsel zwischen matt und leuchtend, lassen in die Farbe hineingezeichnete Linien, Worte, Sätze, Texte aufblitzen, wenn der Himmel es hergibt, sein Blau Teil des Bildes wird und umgekehrt das Bild Teil des Himmels für einen Moment ist.

Geschenkt wird einem bei der Glasmalerei zum Einen immer zwei Seiten – und hier in Mariensee besonders gut begehbar: einmal sehen Sie alle 33 Fensterbilder innerhalb des Kreuzgangs mit seinem direkten Farbauftrag mit seinen Kratzern und Spuren und dann sehen Sie von außen „hinter Glas“ eher plakativ, die in sich abgerundeten und geschlossenen Formen. Bei Sonnenlicht entsteht dann ein Tertium, das abhängig von der Himmelsrichtung und dem Sonnenstand Malerei und Zeichnung, Worte und Zitate auf dem Boden im Schattenriss nochmals ablichten. Inhaltlich habe ich mich auf zwei Theologinnen bezogen, die mit dem Kloster in mittelbarer und unmittelbarer Verbindung standen.

Zum Einen sind es insbesondere zwei Gebete: eines der Odilie von Ahlen, die im 16. Jahrhundert im Kloster Mariensee war und ihren nachfolgenden Generationen ein Gebet weitergegeben hat, in dem sie um den Schutz Gottes bittet, damit die Gemeinschaft vor Zwietracht und dem Bösen bewahrt werde. In ihrem Sinne habe ich in Bezug auf Trinitatis auch am Beginn meines Bildprogramms einer alten liturgischen Ordnung entnommenes Pfingstgebet zitiert, in welchem Gott angerufen wird, dass die Macht des Heiligen Geistes immer wieder erkennbar sein möge und aus dieser Kraft Leben entstehe:


Gott,
der du am heutigen Tage die Herzen der Gläubigen
durch die Erleuchtung des heiligen Geistes
gelehrt hast,
gib, dass wir
durch denselben Geist
erkennen,
was recht ist.


Zum Anderen war es die im Geist der Zisterzienser Mystikerin Gertrud von Helfta, deren Exercitia Spiritualia mich die letzten Monate für diese künstlerische Arbeit begleitet haben. Ihre Theologie ist eine sprudelnde Quelle, die Gott und Mensch in ein zugewandtes Verhältnis setzt. Ihr gelingt es die Dreifaltigkeit Gottes mit ihren starken Sprachbildern in ihrer Zeit neu zu interpretieren und sie schafft es heutzutage ein lebendiges Gottesbild in trinitarischer Dimension zu vermitteln.
Grundlegend ist bei Gertrud v. Helfta die Vorstellung von einem göttlichen Wesen, das in keiner Weise zu fassen ist oder menschlich sich bevormunden lässt. Dieses Göttliche ist jedoch nicht bloße Idee, sondern personal, ohne als „Person“ fassbar zu sein. Es offenbart sich als lichtvolles Antlitz und honigfließendes (lat. mellifluum) Angesicht, wobei in den Bildern von Licht und Honig zugleich ausgedrückt wird, was Seligkeit heißt: die Erfahrung des Göttlichen in immerwährenden geistig-sinnlichen Erkennen und Genießen.
Sie spricht immer wieder vom amor-deus als inkarnierte Wesenheit und Wirkungsweise in dieser begrenzten Welt.
Kennzeichnend ist auch ihr Ringen, dass dieses Leben nicht dem Kampf mit dem Bösen gewidmet sein soll, sondern um ein Bemühen um das Gute. Sünde – so Helfta ist keine Gegenwelt des Guten, sondern „Mangel an Gutem“. Gertrud von Helfta entwirft diese Theologie als an den Portalen der Kathedralen Höllenvisionen, die Rede vom Fegefeuer die Menschen verängstigten.
Sie legt als große Seelsorgerin, die sie auch war, ihren Schwestern ans Herz in der Begegnung mit Gott Wert und Würde zu erfahren und diese Weite an Andere weiter zugeben. Die Quelle ist Gott und nicht der Mensch. Dieser Weisheit, dieser Gottesvorstellung der Sophia (lat. Sapientia) hängt sie an.
Ich bin dem pfingstlichen Gedanken des Geist Gottes gefolgt, der uns Menschen entzünden kann, dem Taufwasser, das schützt und trägt im Leben, Cherubime und Seraphine treten auf. Die Suche nach Gott, die Gottferne und die Gottnähe werden als Erfahrung beschrieben, auf Glas getragen an einem Ort, der sich über Jahrhunderte dem Dienst Gottes – dem Gottesdienst in seiner unterschiedlichsten Ausprägung verschrieben hat.

Benita Joswig (Juni 2007)
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